RIVER PORTALS & MOSI-OA-TUNYA

RIVER PORTALS & MOSI-OA-TUNYA
Panels mit Musik und Film
In einer Mischung aus Keynote, zwei Panels, Musik- und Filmbeiträgen taucht das Programm tief in die kulturellen, ökologischen und mythologischen Dimensionen von Flüssen ein. Mit Beiträgen von Elizabeth Gallón Droste und Ifor Duncan werden Wasserfälle als Portale, Flusschöre, kolumbianische Feuchtgebiete und die Rolle von Gewässern als Zeugen von Umweltveränderungen beleuchtet. Musiker der Band Mokoomba aus Zimbabwe erörtern im Gespräch mit Moderatorin Jenny Langner ihre Verbindung zum Sambesi und den Victoriafällen, und beleuchten mit Livemusikbeiträgen deren Bedeutung in den Traditionen des Tonga-Volkes.
RIVER PORTALS – Flüsse als lebendige Archive: Klanglandschaften und transkulturelle Mythen
Elizabeth Gallón Droste und Ifor Duncan treten in ihrer gemeinsamen Präsentation mit audiovisuellen Elementen in einen Dialog mit Flüssen, die sie als Schwellen zwischen verschiedenen Zeiten begreifen. River Portals lädt dazu ein, Flüsse jenseits von Ausbeutung wie Bergbau, Verschmutzung und Wasserkraft neu wahrzunehmen – und ihnen als vielfältige, lebendige Wassersysteme mit eigenen Bedeutungen zu begegnen.
Die Präsentation verbindet die sich ständig verändernden Flussläufe, die in den tiefen Schichten mäandrierender Sedimente gespeichert sind, mit oft vergessenen Beziehungen zu lokalen Gewässern in Kolumbien und Großbritannien. So werden Flüsse als Ausdruck planetarer Verflechtungen sichtbar. Sie erscheinen in ihren vielen Gestalten – vom Nebel bis zum Wasserfall – als Portale.
In der walisischen Mythologie gelten Wasserfälle als Tor zu Annwfn – einer mystischen Dimension, oder Anderswelt, die als „Hier, aber tiefer“ beschrieben wird. Hier werden verborgene Geschichten im Einzugsgebiet des Flusses erkundet, darunter koloniale Hinterlassenschaften der Wollindustrie und die aktuelle, schwere Verschmutzung.
In Kolumbien steht Mapalina – der Atem der andinen Páramo-Feuchtgebiete – für das Verflechten von Luft und Wasser. Dort bewegt sich die Gottheit als Nebel und Wind, verwandelt sich in Wasserfälle und unterirdische Flüsse, die durch Frailejones (Mönchsblumen) flüstern und den Pulsschlag der Erde in einem heiligen Austausch zwischen Sichtbarem und Unsichtbarem tragen.
Im Rahmen ihrer Lecture-Performance verweben Elizabeth Gallón Droste und Ifor Duncan in Unterwasservideos, Hydrofonaufnahmen und künstlerische Klanglandschaften mit wissenschaftlichen Analysen, um aus der Ferne die Wasser Kolumbiens und Wales heraufzubeschwören. So nehmen sie das Publikum mit auf eine Reise durch Mythen, Geschichte und ökologische Realitäten und stellen die Fragen: Wo endet der Einfluss von Ausbeutung? Und wie können wir lernen, Flüsse als eigenständige, lebendige Systeme wahrzunehmen, die sich nicht vollständig kontrollieren lassen?
MOSI-OA-TUNYA – Künstlerperspektiven auf Kultur und Wandel
Im Gespräch mit Moderatorin Jenny Langner berichten die Musiker Mathias Muzaza, Abundance Mutori und Trustworth Samende von Mokoomba aus Simbabwe von ihrer engen Verbindung zu den Flüssen und Wasserfällen ihrer Heimat, insbesondere zum Sambesi und den Victoriafällen („Mosi-oa-Tunya“ – Der Rauch, der donnert), die zentrale geografische und kulturelle Bedeutung für das Tonga-Volk haben. Das Gespräch wird durch Livemusik bereichert.
Die Tonga verehren den Sambesi als Lebensspender, der ihre Felder bewässert und ihnen Nahrung in Form von Fischen schenkt. In ihren traditionellen Glaubensvorstellungen ist der Fluss von Wassergeistern bewohnt, die sowohl Schutz bieten als auch gefährlich sein können, wenn sie nicht respektiert werden. Die Victoriafälle gelten als heiliger Ort, an dem Ahnengeister wohnen und wichtige Zeremonien stattfinden; eine Legende erzählt von einer riesigen Schlange, die einst den Sambesi schützte, und die Gischt der Fälle gilt als heiliger Rauch, der die Verbindung zwischen Menschen- und Geisterwelt herstellt. Die Geschichte der Tonga ist eng mit dem Sambesi verknüpft, doch diese Harmonie wurde in den 1950er Jahren durch den Bau des Kariba-Staudamms gestört, der Zehntausende Tonga zur Umsiedlung zwang und ihnen den Zugang zu heiligen Stätten und traditionellen Fischgründen entzog – die Folgen dieser Zwangsumsiedlung prägen das Volk bis heute und haben ihre Lebensweise grundlegend verändert.
Elizabeth Gallón Droste
wurde in Bogotá geboren und ist Postdoktorandin am Zentrum für Raumkosmologie der HafenCity Universität Hamburg. In ihrer Arbeit verbindet sie künstlerische Forschung, audiovisuelle Techniken und Anthropologie, um sich mit Flusssanierung und sozio-ökologischen Konflikten auseinanderzusetzen. Seit 2014 arbeitet sie mit Gemeinden in Deutschland und Kolumbien zusammen, ist Teil des künstlerischen Duos ~pes und veröffentlichte 2024 das Buch Útica, Under the Murmuring Waters.
Foto: Ali Al-Saadi
Ifor Duncan
ist britischer Postdoktorand im ERC-Projekt EcoViolence an der Universität Utrecht. Seine Forschung und künstlerische Praxis untersuchen politische Gewalt im Zusammenhang mit zerstörten Flusssystemen, enteigneten Gemeinschaften und der Instrumentalisierung von Flüssen als Grenzen, Megastaudämmen und Zeugen von Gewalt. Duncan promovierte am Centre for Research Architecture der Goldsmiths University of London und war Postdoc am NICHE, Universität Venedig.
Foto: Agata Nguyen Chuong
Mokoomba
ist eine vielfach preisgekrönte Afro-Fusion-Band aus Victoria Falls, Simbabwe, die traditionelle Klänge mit modernen Stilen wie Funk, Soukous, Reggae und Rock verbindet. Die Band wurde 2008 gegründet und zählt heute zu den spannendsten Musikgruppen Afrikas.
Die Schauspielerin Jenny Langner steht seit 2012 für Film und Fernsehen vor der Kamera und ist auch als Sprecherin und Moderatorin tätig. Sie ist seit der Saison 2020 /21 am Staatstheater Augsburg engagiert.
Foto: Kundai Taz
Die Veranstaltung findet zum Teil in englischer Sprache statt. Der Eintritt ist frei. Sitzplatzreservierungen werden empfohlen unter info@waterandsound.de
27. Juli · Orgazentrum am Eiskanal · 19:30 Uhr
Foto: Ifor Duncan und Elizabeth Gallón Droste


Illustrationen: Alex Bon